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The Surprising Case of Brian Timmons

Lovecraft in a nutshell.

„The Surprising Case of Brian Timmons“ ist das zweite Werk von Marshal Tenner Winter und man merkt schnell, dass es einige Ecken und Kanten gibt, die das Spiel im Vergleich zu besser implementierten Geschichten etwas abfallen lassen.

Trotzdem sehe ich hier die Bestätigung, dass Suspense und Forscherdrang nach wie vor die großen Zugpferde von IF sind. Sicher, wir haben es hier mit einem Railroadabenteuer zu tun, das brav und linear Szene an Szene reiht, ohne dem Spieler viel Freiraum zu gewähren. Zudem laufen die Szenen fast immer nach dem gleichen Schema ab. Durch den relativ schnellen Wechsel kommt trotzdem nie Langeweile auf.

Die Texte sind äußerst knapp gehalten und gerade das macht das Spiel interessant. Beschreibungen wie „It (the building) tries to look modern and caring, but on a gray day like today, it fails.“ lassen dem Leser viel Freiraum für Interpretation und doch ist das Wesentliche gesagt. Ein Talent, das der Autor in der Geschichte an einigen Stellen eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Konversation beruht hauptsächlich auf den Schilderungen der NPC’s die dem Spieler nicht auf Nachfrage, sondern durch eine automatisch ablaufende Szene vermittelt werden. Ungewöhnlich, passt aber hervorragend ins Konzept der Einfachhheit, das sich durch das gesamte Spiel zieht.

Fazit: es gibt besser implementierte Spiele und doch lohnt es sich ein näherer Blick. Zeigt dieses Werk doch, wie wenig es braucht, um ein stimmungsvolles Spiel zu schreiben. Sofern der Autor noch einige der Ecken und Kanten poliert, kann TSCOBT locker noch ein paar Wertungspunkte gut machen.

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Counterfeit Monkey

Conterfeit Monkey, von Emily Short.

Was für ein Spiel.

Als ich „Counterfeit Monkey“ begann, erwartete ich von der Autorin eine packende Geschichte, eine lebendige Umgebung und eine detaillierte Weltsimulation wie bereits aus früheren Geschichten bekannt.

All das trifft zu, aber „Counterfeit Monkey“ ist weit mehr.

Ein einzigartiges Kunstwerk aus Buchstaben, das gleichzeitig als Karte fungiert, vermittelt dem Spieler ein Gefühl für seine Umgebung. Weitläufige Flächen, kleine und schmale Passagen, abknickende Straßen, ein Kreisverkehr, ein altes Buchgeschäft, all das erschließt sich aus einer abstrakten Textcollage mit unterschiedlichen Größen und Schriftarten. Es fühlt sich so an, als ist die Karte ein Teil des Spiels, nicht nur ein Beiwerk.

Der Bewegungsradius des Spielers ist meist eingeschränkt und das meine ich im positiven Sinn. Dies fördert die Übersichtlichkeit und schränkt die möglichen Aktionen snnvoll ein. Es gibt kein Rätseln, wo es weitergeht, die Aufgaben des Spielers sind jederzeit einsehbar und reihen sich logisch aneinander.

Das Spiel hat sein eigenes Rätselsystem, gewoben um die Manipulation von Buchstaben und Wörtern. Die Schwierigkeit steigt dabei im Lauf des Spiels stetig an. Am Schluss ist einiges an Denkarbeit vonnöten, um noch Herr der Wörter zu bleiben, dabei kann man aber nie in eine Sackgasse geraten. Als Nicht-Muttersprachler ist aber schon der eine oder andere Blick ins Wörterbuch nötig.

Das Konversationssystem (bereits in „Alabaster“ verwendet) zeigt offen die momentanen Gesprächsoptionen an, was bereits aus frühen Eric Eve Spielen wie „Elysium Enigma“ bekannt ist und auch hier geschickt in die Erzählung der Hintergrundgeschichte eingebunden wird. Hier und da wird auch mit dem bekannten „zeige dem x das y“ Schema gearbeitet, jedoch artet das nie in wildes Raten aus, sondern ist Teil des komplexen Rätselsystems.

Die Charaktere sind lebendig beschrieben und ihr Schicksal lässt mich nicht kalt. Am Ende leide ich mit jedem von ihnen. Geschickt wechselt die Erzählperspektive zwischen zwei Protagonisten und ermöglicht Seitenhiebe und bissige Kommentare des Spielgeschehens und der Aktionen des Spielers.

Der Schreibstil ist hevorragend, das Setting stark, die Spielwelt detailverliebt, kurz: ich liebe dieses Spiel. Es hat sich aus dem Nichts auf meine IF-Top-Ten Liste platziert. Großartig, vielen Dank an Emily Short für dieses wunderbare Werk.

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Der Angstbaum

Der Angstbaum, von Jens Bojaryn.

Der „Angstbaum“ ist kurz, viel kürzer als ich zunächst vermutet hatte, als ich das Spiel vor einigen Jahren zum ersten Mal gespielt habe.

Die Geschichte versetzt den Spieler ohne Vorgeplänkel direkt an den Hauptschauplatz, das „Kobeler Haus“ im Dorf der Boronoi. Nach der überraschenden Wende muss er fliehen, kehrt dann aber wieder zurück, um die Ereignisse zu erforschen.

Die Geschichte ist spannend aufgebaut und sehr schön erzählt, lässt aber am Schluss doch einige Fragen offen. Der Anspruch ist hoch und die Umsetzung technisch einwandfrei.

Herausragend gemacht ist die Spielmechanik im letzten Teil der Geschichte, die dem Spieler einen fremden Willen aufzwingt.

Empfehlung: unbedingt spielen, ein Meilenstein in der T.A.G. Historie.

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Hortulus

Hortulus, von Florian Edlbauer.

Hortulus ist eine kurze Geschichte, die rund um das Kloster Niederzell auf der Insel Reichenau am Bodensee spielt.

Der Spieler ist ein Mönch, der ein Mittel beschaffen soll, um den Abt von seiner Krankheit zu heilen. Die Umgebung ist glaubwürdig beschrieben. Die Zelle des Protagonisten, die (zu niedrige) Schlafetage, die geräumige Bibliothek, die Küche, der Kräutergarten, die Schiffsanlegestelle und der Weg zur Kirche St. Peter und Paul zeichnen ein stimmiges Bild des Klosters im Mittelalter.

Auf der Suche nach Heilkräutern sammelt der Spieler Informationen aus einem Heilkundebuch und wendet dann die gefundenen Mittel (hoffentlich) richtig an.

Die Nichtspielercharaktere (der Abt, der Händler, Bruder Martin, Bruder Odo) sind gut getroffen und tragen zu einem gelungenen Spielgefühl bei.

Mich persönlich hat das Ende, das doch ziemlich schnell erreicht werden kann, etwas enttäuscht. Auch einen Besuch der Messe in der Kirche vermisse ich (wenn ich einen Mönch spiele) schmerzlich.

Die gelungene Atmosphäre tröstet aber darüber hinweg.

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Jazz auf Tegemis

Jazz auf Tegemis, von Jörg Rosenbauer.

In Jazz auf Tegemis spielt man einen Kapitän eines Raumfrachters, der auf Tegemis Zwischenstation macht und sich auf einen gemütlichen Abend in der lokalen Jazzbar freut.

Die Jazzband ist der Höhepunkt des Abends, besonders die hübsche Sängerin Sarina. Schnell wird klar, dass ein Backstage-Pass doch recht nützlich wäre. Nachdem aber keiner verfügbar ist, muss sich der Spieler andere Wege suchen. Hat er sein Ziel schließlich mit einigen Tricks erreicht, stellt er fest, dass Sarina ihn aus einem ganz speziellen Grund näher kennenlernen wollte.

Jazz auf Tegemis ist zu Recht der Gewinner des Textfire Grand Prix 2004. Die Szenerie ist mit viel Liebe um Detail (bis hin zu den Toiletten) konstruiert und die Charaktere (der Barkeeper Heinz, die Laberpflanze und Sarina) wirken lebendig und facettenreich. Die Texte sind humorvoll geschrieben und machen Lust auf mehr.

Jazz auf Tegemis hat genau die richtige Länge. Das Einzige, was mir negativ aufgefallen ist, ist die „Undo“-Funktion, die nur einen einzigen Zug rückgängig macht. Das hat mir das erste Durchspielen vermasselt, weil ich am Ende nur einen Zug zur Verfügung hatte, für die Lösung aber vier in Folge gebraucht hätte.

Mir persönlich hat Jazz auf Tegemis viel Spaß gemacht, obwohl es keine „klassische“ Science Fiction Story ist. Mein Fazit: gehört zu der Kategorie Geschichten, die man unbedingt gespielt haben sollte.

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Der Garten

Der Garten, von Carsten Kreysler.

Der Autor legt als Erstlingswerk eine Miniatur rund um einen geheimisvollen Garten vor. Als Zugabe gibt es eine Skizze des Gartens, außerdem ist der Quellcode veröffentlicht.

Geschichte gibt es so gut wie keine. Das Hauptaugenmerk des Spiels ist ein Einstieg für Anfänger, der Spieler hat eigentlich nur eine Aufgabe – seinen Hunger zu stillen. Das ist gar nicht so einfach und kann nur durch geschicktes Interagieren mit der Umgebung erreicht werden. Für gelöste Aufgaben gibt es Punkte, das Erreichen der vollen Punktzahl ist eine zusätzliche Herausforderung.

Fazit: das Spiel ist handwerklich gut gemacht und bietet eine gute Anlaufstelle für IF-Neulinge. Die Spielzeit beträgt etwa eine Viertelstunde.

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Gorgonir

Gorgonir, von Werner Rumpeltesz

„Gorgonir“ versetzt den Spieler in eine kleine Fantasywelt. Er möchte die Kunst der Magie von einem Meister erlernen, der aber schon dem Alterstod nahe ist. Ein geheimnisvoller Zweig eines Baums soll sein Leben verlängern und ermöglichen, dass der Spieler seine Kunst (noch) erlernen kann.

Das Setting an sich ist nicht schlecht gewählt. Der Spieler findet sich am Ufer eines Sees in einem Dorf wieder und versucht, ein Leck im Ruderboot zu reparieren, um auf die Insel übersetzen zu können. Es dreht sich alles um dieses zentrale Rätsel, dessen Lösung die Hauptspielzeit beansprucht.

Die Namen (Heribert, Fridbert, Egon) lassen irgendwie kein Fantasy-Feeling aufkommen wirken beliebig und austauschbar. Ebenso blass und austauschbar wirkt die Spielumgebung, der Dorfplatz, die Backstube, das Wirtshaus. Ich kann einige Gegenstände einsammeln, benötige jedoch die meisten davon nie.

Gelegenheiten, etwas mehr Geschichte hineinzubringen, wurden schlichtweg verschenkt – der Nebel, der Baum, die Insel – in wenigen Zügen erforscht, ohne nennenswerte Überraschung, schade.

Insgesamt hinterläßt Gorgonir deshalb einen zweispältigen Eindruck – meine Erwartungen nach dem guten Debutspiel (Die gerechten Richter) des Autors sind etwas entäuscht worden, ich hätte mir mehr Handlung erwartet. Das Erzählen der Geschichte bleibt hinter dem Rätselraten auf der Strecke. Der einzige NPC, auf den man trifft , bleibt schwach charakterisiert, es fehlt ihm an „Lebendigkeit“, wohl auch, weil er eigentlich nur implementiert wurde, um weggeschickt zu werden.

Fazit: Es bleibt das Gefühl, dass erzähltechnisch viel Potential verschenkt wurde, technisch gesehen ist das Spiel in Ordnung. Für mich eindeutig der dritte Platz beim Grand Prix 2011, den sich „Gorgonir“ mit „MamphPamph“ teilt.

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Schießbefehl

Schießbefehl, von Marius Müller.

Der Spieler (ein weiblicher Protagonist) versucht mit seinem Freund einen Grenzfluss zwischen Ost- nach Westdeutschland zu überqueren und wird dabei von den Wachsoldaten entdeckt. Im Kugelhagel versucht sie, sich und ihren Freund mit einem Boot ans andere Ufer zu retten.

Als Betatester habe ich bereits vor dem Grand Prix einen Einblick in das Design des Spiels gewonnen.

Inhaltlich ist der Stoff sehr spannend, lobenswert ist auch der Versuch, ein dunkles Thema deutscher Geschichte anzuschneiden. Dadurch erringt „Schießbefehl“ einen Sonderstatus im zuhauf vorhandenen Mix aus Erkundung und Schatzsuche.

Gut gemacht ist zweifelsohne das dramatisch knappe Zeitmanagement, das keinen Platz für Fehltritte läßt und die beklemmende Atmosphäre gut rüberbringt, auf Kosten einer hohen „Sterberate“ des Spielers, der sich mühsam an die Lösung hinarbeiten muss.

Die Spielmechanik führt den Spieler auf einem fest vorgegebenen Pfad – dagegen ist nichts einzuwenden, jedoch werden auch keine naheliegenden alternativen Lösungswege angeboten, wie etwa die Lampe mit dem Boot als Ablenkungsmanöver loszuschicken.

Die Wandlung der Soldaten (von „töte sie“ auf „ach lassen wir’s“) ist flapsig ausformuliert und unglaubwürdig dargestellt. Man kauft dem Schützen seinen plötzlichen Gesinnungswandel nicht ab. Dabei gibt es durchaus Anknüpfungspunkte, die sich hier anbieten könnten, wie z.B. die Tatsache, dass der Schütze seinem Opfer plötzlich Auge in Auge gegenübersteht oder etwa die BRD-Soldaten, hinter dem Zaun.

Die Implementierung weist noch einige Schwächen und sprachliche Mängel auf. Für ein „komfortables“ Gameplay müssen noch einige Synonyme (vor allem für Aktionen) eingebaut werden. Die wenigen vorhandenen Objekte fand ich hingegen passend für das Spiel, da der Fokus ja auf der Flucht und nicht auf dem gemütlichen Betrachten aller möglichen Objekte bis in Detail liegt.

Fazit: der bereits in der englischen Szene erfolgreiche Autor stellt ein solides (deutschsprachiges) Debüt auf die Beine, das über Klischees erhaben ist und mich mit seiner bedrückenden Atmosphäre vom ersten Moment an gefesselt hat; Die Geschichte schreit nach einer Post-comp-Version, in der die letzten störenden Fehler bereinigt sind — Für mich persönlich der zweite Platz in der Rangliste des Grand Prix 2011!

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Die rote Blume

Die rote Blume, von Frank Sindermann.

Der Autor legt ein Erstlingswerk aus dem Reich der Märchen vor. Als Feelies gibt es eine schön gezeichnete Karte der Umgebung und eine Anleitung. Das Cover ist sehr ansprechend gestaltet und steigert gelungen die Vorfreude auf’s Spiel.

Zunächst fällt angenehm auf, dass die Märchenwelt genauso sorgfältig implementiert wurde, wie auch das Beiwerk des Spiels. Es sind kaum Fehler zu finden. Auch an Aktionen wie etwa hören und riechen, die sich der Aufmerksamkeit des Autors leicht entziehen, wurde gedacht. Das schafft eine rundum gelungene Atmosphäre. Die Orte (Der Wald, die Ruine, der Turm, die Einsiedelei, der Bach) sind gut getroffen und wie selbstverständlich in die Geschichte eingebunden.

Der Schwierigkeitsgrad ist leicht, man findet keine anspruchsvollen Puzzles oder komplizierten Mechanismen, im Vordergrund steht das Erforschen, Entdecken und die Geschichte selbst, die durch Rückblenden geschickt erzählt wird.

Aufgrund des geringen Schwierigkeitsgrades ist das Spiel auch sehr gut für Einsteiger geeignet.

Das Ende erschließt sich logisch aus dem Kontext, je nachdem wieviel man entdeckt hat. Sicher, der Autor erfindet mit diesem Spiel nichts Neues und er beschreitet auch keine philosophischen Pfade. Trotzdem hat mich das Spiel durch seine Einfachheit gefesselt.

Fazit: kaum Kritikpunkte, „Die rote Blume“ ist ein solides und ausgereiftes, sprachlich überzeugend vorgetragenes Debut und schlichtweg der Favorit des Textfire Grand Prix 2011!

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Allein mit Kai

Allein mit Kai, von Ingo Scharmann.

Ein „vergnüglicher“ Abend mit Kai

„Allein mit Kai“ versetzt den Spieler in eine kleine Wohnung in Berlin, mit der Aufgabe, eine halbe Stunde auf Tanja’s Sohn Kai aufzupassen.
Dies klingt einfacher, als es ist.

Der Spieler kämpft gegen ein unbarmherziges Zeitlimit, um die Wohnung halbwegs zu restaurieren, bis Tanja zurück kommt. Dabei experimentiert er mit Feuer, Wasser und Luft.

Die Geschichte liest sich flüssig, der Spieler braucht jedoch etwas Geduld und einige Durchläufe, bis er herausgefunden hat, worauf es wirklich ankommt. Das letzte Rätsel ist sehr schwer – ich habe es nicht ohne Hilfe geschafft.

„Allein mit Kai“ ist gut implementiert, wenn auch an der einen oder anderen Stelle noch etwas Politur fehlt. Das Suchen nach Verben entfällt, da das Spiel viele verschiedene Formulierungen akzeptiert. Auch fällt positiv auf, dass es für manche Rätsel mehrere Lösungswege gibt.

Ich habe einige wenige Sachen notiert, die verbessert werden könnten. Dazu zählt die Transparenz der notwendigen Aktionen des Spielers, ein etwas entschärftes Zeitlimit und etwas mehr Background zu Kai und Tanja.

Fazit: „Allein mit Kai“ wirkt insgesamt erfrischend und unterhaltsam und sorgt einen Abend lang für gute Unterhaltung. Bei dem ein oder anderen Elternteil wird sicherlich manche Erinnerung geweckt werden.